Aschaffenburg

Von Miltenberg bis Aschaffenburg (Etappe 7 des Mainradweges)

Wieder einmal dürfen wir uns am Frühstücksbuffet nicht selbst bedienen. Heute sind wir schon weniger befangen, einfach alles zu benennen, was wir gerne essen möchten. Gegen halb elf brechen wir auf die nächste Etappe auf. Johannes besorgt uns beim Bäcker Proviant für unterwegs und ich fahre noch einmal zu dem Antiquitäten- und Nostalgiehändler mit dem Puppenkauflädchen im Schaufenster, um für meine Schwester etwas von dort mitzubringen. Sie hat so eine allerliebste Puppenstube für ihre Enkeltöchter eingerichtet. Leider öffnet der Laden erst mittags.

Maintalradweg bei Miltenberg

Wir radeln hinab zum Main und befinden uns gleich auf dem Maintalradweg. Der Himmel ist verhangen. Aus den Bergen hinter Miltenberg steigt dichter weißer Nebel auf. Die Flusslandschaft wirkt verträumt und still, obwohl wir häufig parallel zu Landstraßen fahren und die Autogeräusche unüberhörbar sind.

Blick von Großheubach auf Kleinheubach

Kurz nach Wörth am Main überholt uns ein einzelner Radwanderer mit großem Gepäck. Er grüßt freundlich im Vorbeifahren. Kurz darauf sehen wir ihn stranden an einem umgekippten Baum. Er winkt uns schon zu, wir sollten dem grünen Pfeil des Mainradweges folgen. Wir sehen den Pfeil auch schon und biegen rechtwinklig nach links ab, überqueren eine kleine Straße und durchfahren eine Unterführung. Ab hier geht es steil in einen Wald hinauf. Unsere höchste Powerstufe „Turbo“ schafft es kaum, uns dort hinaufzuschieben. Johannes meint, das könne nicht richtig sein. Ich bestehe auf Weiterfahren. Wir hatten doch alles richtig beachtet und waren dem Pfeil gefolgt. Irgendwann bleiben wir doch stehen und schauen in die Karte. Wir sind eindeutig falsch hier. Die Landstraße, die wir unten hören, dürfte nicht zwischen uns und dem Main liegen. Wir haben sie fälschlicherweise unterquert. Wir kehren um. Der Radwanderer von eben kommt uns entgegen. Schwer ächzend schiebt er sein Rad den steilen Berg hinauf. Er hat kein E-Bike. Er meint, er habe schon auf unsere Rückkehr gewartet. Gemeinsam lassen wir uns den Berg wieder hinabrollen bis zu der Unterführung, durch die wir nicht hätten fahren sollen. Wir studieren das Hinweisschild mit dem grünen Pfeil noch einmal. Es zeigt eben nicht rechtwinklig nach links, sondern mit zwei Knicken auf die parallel zum bisherigen Weg verlaufende Straße, die sich als reine Fahrradstraße erweist. Hier fahren wir zu dritt nebeneinander und unterhalten uns mit dem fremden Radler. Er stammt aus Hamburg. Er unternehme jedes Jahr wenigstens einmal eine solche Radwanderung. Es sei toll, alleine zu reisen. Man sei völlig frei, zu bleiben, wo es einem gefalle. Er zeltet. Deshalb das viele Gepäck. Wir bitten ihn, ein Foto von ihm machen zu dürfen.

Interessante Begegnung mit einem Radwanderer aus Hamburg

In Großwallstadt legen wir eine Mittagspause ein und picknicken auf einer Wiese am Main in der Nähe der Staustufe Wallstadt, deren eindrucksvoller Wasserfall unsere Mahlzeit akustisch begleitet. Danach geht es weiter durch Maisfelder und Obstwiesen und bei der blauen Stabbogenbrücke, die Niedernberg mit Sulzbach verbindet, wieder am Main entlang.

Die blaue Brücke von Niedernberg

Kurz nach der Brücke sehen wir links von uns einen riesigen See. Ich träume davon, in die tiefblaue Fläche einzutauchen. Ein großes Banner über dem Radweg lädt ein, das Dorf am See zu besuchen. Wir überlegen kurz, ob wir nicht unsere Pläne ändern sollten, um eine Nacht an diesem herrlichen See zu verbringen. Wir folgen dem Weg zu dem „Dorf“, das sich als höchst mondäne Hotelanlage erweist, in der sich entspannte Herrschaften in sprudelnden heißen Becken an dem herrlichen Ausblick ergötzen. Wir denken kurz nach und erkennen dann deutlich, dass ein solcher Aufenthalt eher nicht zu unserem aktiven Fahrradurlaub passt, bei dem wir ja auch Land und Leute kennenlernen wollen und nicht in einer hermetischen Wellnesswelt eingeschlossen sein möchten. Wir machen kehrt und freuen uns auf Aschaffenburg. Bis dort sind es noch etwa 10 km.

Badesee von Niedernberg

Wir setzen unseren Weg fort. In einem Maisfeld müssen wir kurz anhalten, um im Reiseführer weiterzublättern. Ein Spaziergänger, ein Herr in unserem Alter, bleibt bei uns stehen und spricht uns an, ob er uns einmal etwas fragen dürfe. „Fahren Sie eher von Hotel zu Hotel oder von Natur zu Natur?“, will er wissen. Eine seltsame Frage, die uns irritiert. Schließen sich denn diese beiden Perspektiven aus und ist die Aufzählung nicht irgendwie unvollständig? Ich antworte, dass es uns sehr um die Natur gehe, aber auch um die wunderschönen Fachwerkstädte am Main, um die Verwobenheit von Kultur und Natur, die großartigen Brückenkonstruktionen, die Ausblicke auf Kirchtürme am anderen Ufer und nicht zuletzt um Restaurantbesuche mit feinem Essen und gutem Wein und um bequeme Übernachtungen in attraktiven Hotelzimmern. Und solche Begegnungen wie diese hier mit ihm gehörten auch dazu. Der Herr zeigt sich beeindruckt und verrät uns, dass er schon so lange von einer solchen Tour träume. Er traue sich aber nicht. Wir bestärken ihn sehr darin, es einfach einmal zu wagen.

Bei Aschaffenburg führt der Mainradweg über die Willigisbrücke direkt in die sehr belebte Innenstadt mit Fußgängerzone. Wir haben noch kein Hotelzimmer gebucht für heute. Wir hoffen darauf, dass die Touristeninformation uns wieder einmal ein schönes Zimmer verschaffen wird. Die Hinweisschilder dorthin sind leider seltsam widersprüchlich und enden schließlich ganz. Wir fragen uns durch und finden schließlich das Büro. Es befindet sich an der Stadthalle auf dem großen Platz vor dem Schloss. Die Dame an der Rezeption empfiehlt uns den Goldenen Karpfen und ruft auch gleich für uns dort an. Unser Zimmer liegt im dritten Stock des Gebäudes gegenüber dem eigentlichen Hotel. Erstmalig kommen wir in den Genuss eines Aufzuges. Das Haus ist in einen Weinberg hineingebaut und vor unserem Zimmer befindet sich eine ummauerte Hangterrasse, auf deren Mauer wir morgen früh eine Überraschung erleben werden.

St. Peter und Alexander in Aschaffenburg

Gegen 18:00 Uhr brechen wir zu einem Stadtrundgang auf. Heute gelingt es uns nicht so recht, ein uns ansprechendes Restaurant zu finden. Zwei junge Mädchen empfehlen uns den Wurstl-Sepp, ein deftiges Lokal mit fränkischer Küche und dann noch den Jedermann, der sei etwas feiner. Wir schauen uns beide Lokale an und entscheiden uns dagegen. Der Wurstl-Sepp ist uns zu deftig, der Jedermann hat eher Bistrocharakter und seltsame Speisen auf der Speisekarte. Wir stoßen in der nächsten Straße auf das Restaurant „Zum Fegerer“, das uns ausgesprochen gut gefällt. Leider hat es keinen Platz mehr für uns frei. Leicht frustriert kehren wir nebenan in das Brauhaus „Schlappeseppel“ ein. Ich lasse mir bei einem Glas Pils meinen saftigen Hackbraten mit Bratkartoffeln herrlich munden, obwohl es in der Gaststätte schrecklich laut zugeht.

Stadtrundgang durch Aschaffenburg

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