In der Programmbeschreibung für heute heißt es:
11, Tag, Sa 15.6.2019
Cusco- Machu Picchu
Der heutige Tag steht in dem Zeichen der „Weltwunder“. Es erwartet Sie eine Zugfahrt durch die Andenlandschaft auf den Berggipfel zu den berühmten Ruinen von Machu Picchu (2360 m) – der Höhepunkt Ihrer Reise! Schlendern Sie durch die Ruine und erklimmen Sie feingeschnitze Steintreppen. Lassen sie sich von der verlorenen Stadt der Inkas mit ihren Terrassen, zeremoniellen Schreinen und Treppen in mystische Stimmung versetzen. Nehmen Sie sich etwas Zeit, um allein zu sein und lassen Sie dieses einmalige Weltwunder auf sich wirken. Sie genießen ein Mittagessen und treten die Rückfahrt an. Der Nachmittag steht zur freien Verfügung.
Übernachtung im 13* San Francisco Plaza Boutique Hotel (Landeskat.) o.ä. in Cusco

Heute steht das Highlight unserer ganzen Reise an. Unsere Reiseleiterin Elisabeth hat uns gestern schon inständig instruiert, nichts zu vergessen. Wer zum Beispiel seinen Reisepass, mit dem er nach Peru eingereist ist, nicht bei sich hat, kann MatchuPicchu nicht betreten. Nicht einmal in den Perurail könnte er einsteigen ohne Pass. Wir haben ein zusammengeheftetes Gesamtpaket mit der Hinfahrkarte für den Zug, der Hin- und Rückfahrkarte für den Shuttle-Bus zur Inkastadt MatchuPicchu hoch oben auf dem Berg, mit der Eintrittskarte für die Inkastadt und der Rückfahrkarte für den Zug erhalten. Wer als Paar reist wie wir, hat 8 Blätter. Sie sind von der Reiseleitung bei jedem von uns gestern noch einmal sorgfältig kontrolliert worden. Außerdem hieß es, wir sollten unbedingt zwei Flaschen Wasser mitnehmen, etwas zu essen, einen Moskitoschutz und eine Regenjacke.
Um 4 Uhr stehen wir schon auf. Ab 4:30 Uhr bekommen wir schon Frühstück. Um 5:20 Uhr holt Elisabeth uns ab. Die erste Strecke bis zur Station des Perurail fahren wir mit dem Bus. Da der große Bus nicht in die Innenstadt von Cusco hineinfahren darf, werden wir von zwei Kleinbussen zu dem großen Bus gebracht. Die Kleinbusse fahren um 5:30 Uhr ab. Als unsere Reisegruppe gerade das Hotel verlassen will, merken Erika und Franz, unsere überaus sympathischen Tischnachbarn aus Koblenz, auf, dass das Bündel der 8 wichtigen Blätter fehlt. Die beiden hetzen noch einmal zurück in ihr Hotelzimmer und suchen nach den Dokumenten. Wir anderen laufen schon einmal unsere Straße hinunter, die selbst für die Kleinbusse zu eng ist, und steigen schon einmal in die beiden Busse ein. Da kommen unsere Freunde schon und lassen sich erschöpft in ihre Sitze fallen. Franz hatte die Dokumente vom Rucksack in den Koffer umgepackt. All die Tage bisher hätten sie die Papiere unnötigerweise mit sich herumgetragen und ausgerechnet heute, wo es darauf ankomme, seien sie nicht am richtigen Ort, regt sich Franz auf. Erika lächelt nur milde dazu und sagt auf ihre unvergleichlich unaufgeregte und freundliche Art, die wir an ihr so bewundern: „Naja, von alleine haben sie sich nicht in den Koffer gelegt.“ Es gab vor Tagen beim Frühstück eine Situation, bei der wir Erika wirklich bewundert haben. Franz stand unvermittelt von seinem Platz auf, als Erika gerade mit einer vollen Kaffeetasse hinter ihm erschien. Natürlich ergoss sich der Kaffee teilweise auf den Boden, teilweise in die Untertasse. Man sah, wie sehr Erika sich erschrak. Fast jeder hätte im Affekt gesagt: „Kannst Du nicht aufpassen?“ Erika aber holte nur einmal tief Luft und meinte dann ganz freundlich zu Franz: „Schade, dass wir hinten noch keine Augen haben.“ Soviel zu Erika und Franz.
Die beiden Kleinbusse bringen uns innerhalb weniger Minuten zum großen Bus. Es ist noch ganz dunkel draußen. Am Straßenrand haben unzählige Einheimische Berge von Ware aufgebaut. Das meiste sind Textilien. Elisabeth erklärt uns, dass am Samstag hier immer ein illegaler Handel stattfindet. Ware, die aus Bolivien hierher geschmuggelt wird, wird schon von morgens um 3:00 Uhr an hier verkauft. Man zahlt nur die Hälfte von dem, was die Textilien normalerweise kosten. Spätestens um 7:00 Uhr würde dann die Polizei erscheinen und alle verscheuchen. Wir schrauben uns mit dem Bus immer höher hinauf in die oberen Wohngegenden von Cusco. Auch hier oben ist die Straße gesäumt von ausgebreiteten Decken mit daraufgestapelter Ware.
Die Fahrstrecke durchs heilige Tal der Inkas kennen wir schon von gestern. Also nutzen wir die eineinhalb Stunden Fahrt für ein wenig nachgeholten Nachtschlaf. In Ollantaytambo weckt uns Elisabeth auf und schärft uns noch einmal ein, was wir alles nicht im Bus vergessen sollen. Sie drängt uns, zügig auszusteigen und ihr zu folgen. Der Zug fährt schon um 7:45 Uhr ab. Wir haben nur noch ein Viertelstündchen Zeit und viele von uns wollen noch auf die Toilette gehen, bei der sich erfahrungsgemäß lange Schlangen bilden.
Der lange blaue Zug steht schon auf dem Gleis, als wir den Bahnsteig erreichen. Tatsächlich werden wir sehr genau kontrolliert. Zur personalisierten Fahrkarte müssen wir auch den Reisepass vorzeigen. So soll verhindert werden, dass jemand seine Fahrkarte weiter verkauft. Die Sitzplätze im Zug haben alle einen Tisch. Wir sitzen an einem Vierertisch mit unserer Reiseleiterin zusammen, die wieder den roten geflochtenen Basthut trägt, den ihr gestern Anne, die Königin der Kopfbedeckungen, geliehen hat. Während der Fahrt erklärt sie uns nochmal einiges über das Urubambatal, die wir gerade durchfahren. Die eingleisige Zugstrecke führt die ganze Zeit am mäandernden Urubambafluss entlang. Ich habe das Glück, einen Fensterplatz mit direktem Blick auf den Fluss bekommen zu haben. Wir folgen dem Wasserlauf flussabwärts. Insgesamt werden wir ungefähr 800 Höhenmeter hinunter fahren. Die Landschaft ändert sich schon bald komplett. Aus den kargen braunen Berghängen werden explodierend grün bewachsene Dschungelwälder. Die Vielfalt der exotischen Bäume und Blühpflanzen fasziniert uns.


Zu der berühmten Inkastätte MachuPicchu kann man entweder nur zu Fuß über den Inkapfad gelangen oder mit dem Zug. Beides muss vorher bei den Behörden angemeldet werden.

Fast eine ganze Stunde lang durchqueren wir den Dschungel. Die üppige Pflanzenwelt draußen, die sich bis ganz oben auf die Berge hinaufzieht, beeindruckt uns sehr. Einmal passieren wir einen Staudamm, an den ein Kraftwerk angeschlossen ist. Der Zug hält kurz darauf und eine ganze Gruppe von Touristen mit Rucksack steigt aus, um von hier aus den Inkapfad zu laufen. Wir bewundern die sportliche Truppe sehr. Franz meint, in jüngeren Jahren hätte er das auch so gemacht. Er wäre viel im Gebirge gewandert. Elisabeth erklärt uns, dass unsere Gruppe bei Ankunft in Machu Picchu getrennt werde. Sie dürfe nämlich maximal 16 Personen durch die Anlage führen. Es würde noch ein zweiter Guide zu uns stoßen, mit dem dann diejenigen gehen, die sich nicht zutrauen, ganz hinaufzusteigen, um sich von oben der Inkastadt zu nähern. Alle, die es gestern geschafft hätten, in Ollantaytambo, dem riesigen Komplex aus der Inka-Zeit, der sich bis hoch auf eine Bergspitze hinaufzieht, ganz nach oben zu steigen, könnten sich den heutigen Aufstieg auch locker zutrauen. Gestern waren einige Mitreisende aus gesundheitlichen Gründen oder weil sie die Höhe ganz schlecht vertragen nicht bis nach oben mit hinaufgestiegen.
Wir kommen in Machupicchu-Dorf an und verlassen den Zug. Elisabeth schleust uns durch einen Komplex von unzähligen Verkaufsständen zu den Shuttle-Bussen. Im Gänsemarsch laufen wir durch eine enge Gasse dicht an den typischen Souvenirs entlang. Der ein oder andere von uns hätte nicht übel Lust, noch schnell im Vorbergehen ein Mitbringsel zu erwerben. Elisabeth drängt uns aber vorwärts.

Wir gelangen schließlich an eine Straße, an der ein Shuttle-Bus nach dem anderen eintrifft und umgehend mit Touristen gefüllt wird. Elisabeth zählt uns schnell noch einmal durch „uno, dos, tres, cuatro, cinco, seis, siete, ocho, nueve, diez … “ und fordert uns dann auf, die Busfahrkarten bereit zu halten. Diese gilt es unbedingt gut aufzubewahren, weil sie auch die Rückfahrkarte enthalten. Die Eintrittskarten für Machu Picchu sollen wir noch nicht herausholen. Das müsse im Bus geschehen. Elisabeth ist hervorragend organisiert. Als ich einsteige, bietet Elisabeth mir an, ihren Platz vorne neben dem Fahrer einzunehmen. Ich mache doch immer so gerne Fotos. Ich zögere nicht lange und sage ja. Gleichzeitig erkläre ich mich für wahnsinnig. Bei meiner ausgeprägten Höhenangst sollte ich lieber einen Platz wählen, der mich nicht so direkt in den Abgrund schauen lässt. Ich kann mir schon denken, welche üblen Serpentinen auf uns warten. Und tatsächlich geht es in äußerst engen Kurven den steilen Berg hinauf. Alle paar Minuten kommt uns auch noch von oben ein Shuttle-Bus entgegen, so dass unser Bus sogar teilweise rückwärts fahren muss, um Platz zu machen. Auf jeden Fall aber muss er ausweichen und dafür häufig ganz nah an den Abgrund heranfahren. Ich will meinen exponierten Platz unbedingt für spektakuläre Fotos nutzen und fotografiere bei jedem Durchblick auf das Urubambatal, das immer tiefer unter uns in Erscheinung tritt, hinunter in die Tiefe. Ich glaube, ich absolviere gerade die Rosskur gegen meine Höhenangst.

Endlich kommen wir oben auf einer Plattform an, auf der schon andere Shuttle-Busse herumrangieren, um die Rückfahrt antreten zu können. Wir sehen schon erste Terrassen der großartigen Anlage oben in den Bergen. Beim Eintreten in die Anlage müssen wir wieder Eintrittskarte und Pass vorlegen. Unser zweiter Guide tritt zu unserer Gruppe. Elisabeth stellt ihn uns vor. Er heißt Hamilton. Die Gruppe sollte jetzt eigentlich geteilt werden. Elisabeth fragt, wer denn lieber nicht mit aufsteigen möchte, um von oben in die Anlage hinunterblicken zu können. Es meldet sich niemand, weder die Dame mit dem verklebten Lungenzipfel, noch der Herr mit der Blasenentzündung, auch nicht die Dame mit der Atemnot und nicht der Herr, der schon über 80 Jahre alt ist. Elisabeth wundert sich zwar, bricht aber dann mit uns allen nach oben auf. Das Teilen der Gruppe wollen wir dann ganz oben vornehmen.
Im Gänsemarsch steigen wir nun eine Steintreppe nach der anderen hinauf. Das ist ganz schön anstrengend in der dünnen Luft. Von Zeit zu Zeit machen wir eine kleine Pause auf einer Terrasse des gestuften Geländes und versuchen, wieder zu Atem zu kommen. Von Mal zu Mal sehen wir mehr von Machu Picchu. Aber noch geben wir uns der Mystik dieses Ortes nicht hin. Das sparen wir uns auf für den Augenblick, in dem wir ganz oben sind. Als wir da schließlich stehen und die ganze Anlage tief unter uns liegen sehen, ringsherum umgeben von den riesig aufragenden dicht bewachsenen Bergen, da öffnet sich unser Herz und die Großartigkeit dieses Wunderwerkes von Menschenhand inmitten einer gewaltigen Natur, die den Menschen so unermesslich unfassbar übersteigt, überwältigt uns.

Die Gruppe wird jetzt geteilt. 10 Personen werden Hamilton zugeteilt und 11 Personen Elisabeth. Hamilton steigt mit seiner Gruppe schon hinab, während Elisabeth mit uns oben stehen bleibt. Sie informiert uns wieder auf ihre kompetente und eloquente Art sowohl über die Geschichte der Entdeckung von Machu Picchu, als auch über die Funktion der einzelnen Gebäude und Bereiche in der Ruinenstadt. Im Zentrum befindet sich ein Versammlungsplatz. Es wohnten etwa 1000 Menschen in der Inkastadt. Im unteren Bereich sieht man kleine Häuser, im oberen Bereich eine Tempelanlage. Die terrassierten Berghänge bildeten den Agrarsektor. Elisabeth trägt uns auch die verschiedenen Theorien vor, die über das Zugrundegehen der Inkastadt existieren.

Schließlich steigen auch wir hinab und durchlaufen die einzelnen Bereiche der Anlage. Immer wieder erklärt uns Elisabeth die Bedeutung einzelner Bauten und Skulpturen.




Die Wohnhäuser der einfachen Bewohner sind nicht so sorgfältig gemauert wie der Tempel. Die Steine sind nicht so begradigt und poliert und auch nicht so lückenlos verzapft. Die Steine sind mit Lehm verfugt.
Wir bleiben etwa drei Stunden in der Anlage. Dann geht es mit dem Shuttlebus wieder hinab. Diesmal sind wir es, die ein wichtiges Dokument nicht finden. Johannes hat die Busfahrkarte zu gut weggesteckt. Im letzten Moment taucht sie zum Glück auf und unsere Gruppe kann einsteigen. Diesmal ziehe ich es vor, nicht neben dem Fahrer zu sitzen.
In Machu Picchu Dorf ist für uns in einem Restaurant ein Essen bestellt worden. Wir lassen das großartige Erlebnis dort bei einer Flasche Bier und den feinen Speisen vom Buffet ausklingen.
Liebe Alice,
was für ein interessanter Bericht. Vor allem der Part über den Machu Picchu. Ein Besuch dorthin steht auch noch auf meiner bucket list.
Herrliche Aufnahmen vom Urubambatal und von den Wohnhäusern im Machu Picchu Dorf. Das macht noch mehr Lust auf eine Reise zu diesem wunderbaren „Fleckchen“ Erde.
Danke, dass du uns Leser an dieser einzigartigen Reise teilnehmen lässt! Und es freut mich, dass Johannes sich wieder erholt hat.