Ankunft in Hopfen am Hopfensee

Blick von Hopfen über den Hopfensee

In Köln regnet es seit Wochen erbärmlich. An einem Wochenende hat es einmal gefroren und geschneit. Wie verändert die zuvor so trübe Welt plötzlich aussah. Die weißen Flächen überall. Auf den Hausdächern, in den Gärten, auf den Bäumen. Der zugefrorene See schneeweiß bedeckt. Das Feld hinter der Siedlung eine weite homogene Fläche. Das diffuse Licht, das durch die dichte Wolkendecke drang, an den unzähligen Spiegelflächen reflektiert erleuchtete unerwartet die niedergeschlagene Winterseele.

Zwei Tage später schon taute die Herrlichkeit dahin und die Flocken wandelten sich allmählich wieder in nieselige Tröpfchen. Die einladenden Feldwege nahmen erneut ihre matschige Unbegehbarkeit an. Wie schade. Wäre man doch irgendwo anders. Dort, wo längerfristig der Schnee liegen bleibt.

Es gibt solche Gegenden. Das Allgäu fällt mir ein. In meiner frühen Kindheit haben wir als Familie einmal im Sommer dort Urlaub gemacht. Es war unser erster Familienurlaub. Drei Wochen haben wir im Dreimäderlhaus in Rieden am Forggensee verbracht. Ich war erst zehn Jahre alt. Seitdem bin ich nie wieder dort gewesen. Und jetzt zieht es mich plötzlich magisch an diesen See. Er hatte mich damals fasziniert. Es hieß, in ihm seien ganze Dörfer versunken. Ich hatte immer nach Kirchturmspitzen unter Wasser Ausschau gehalten, wenn mein Vater uns Kinder über den See ruderte. Ich konnte noch nicht schwimmen, besaß aber eine Schwimmweste. Mit dieser bekleidet wagte ich mich jeden Tag weit hinaus auf den See und versuchte, in seinen tiefen Abgründen die versunkenen Dörfer zu erblicken. Niemals erblickte ich irgendetwas, nur immer das schwarze Nichts.

Ich rief im Touristenbüro von Füssen an und fragte nach Unterkünften mit Blick auf den Forggensee. Zu meiner Enttäuschung teilte man mir mit, es sei gar kein Wasser im See momentan. Der Forggensee sei doch ein Stausee, der im Winter abgelassen werde. Man könne aber dafür durch ihn hindurchwandern. Das schienen mir plötzlich ganz neue Aspekte zu sein. Durch den Forggensee hindurch wandern. Das hieße ja, die versunkenen Dörfer hautnah sehen zu können. Nur wohnen wollte ich nicht an diesem trostlosen Loch der Verlassenheit. Auf Wasser schauen. Das ist mein Traum. Ich suchte nach einem anderen Ort mit wirklichem See. Dabei stieß ich auf Hopfen am Hopfensee. Ich buchte sofort für eine Woche ein Appartement mit großer Südterrasse zum See hinaus im Hotel San Marco.

Da bin ich nun heute eingetroffen mit Johannes, meinem Mann. Die Fahrt hat zermürbend lange gedauert. Viele Stunden haben wir keine einzige Schneeflocke links und rechts der Autobahn gesehen. Dann aber begann die Landschaft sich zu verändern. Mit den bergigen  Erhebungen tauchten die weiten leuchtenden Schneeflächen auf und begleiteten uns bis hierher nach Hopfen am Hopfensee, wo wir gegen halb vier eintreffen. Hopfen liegt an der Nordostseite des Sees. Man schaut von hier aus auf ein atemberaubendes Halbrund an schneebedeckten Bergen gegenüber. Der See ist zugefroren unter seiner dicken Schneedecke. Es wandert aber niemand darüber. Vielleicht trägt das Eis noch nicht.

Kommt man von Füssen her, liegt das Hotel San Marco rechts von der Durchgangsstraße durch Hopfen, der Hopfensee links. Im ersten Moment bin ich enttäuscht, weil die Straße uns vom Hopfensee trennt. Ich hatte mir vorgestellt, dass unsere Terrasse unmittelbar an das Seeufer grenzt. Unser Appartement liegt direkt über dem Hotelrestaurant mit seinem wintergartenähnlichen Vorbau. Schon jetzt am Nachmittag ist es voll besetzt. Wir haben auch einen Parkplatz in der hauseigenen Parkgarage im ersten Stock gemietet und können von hier aus bequem die Koffer hinüberbringen. Wir treten ein in unsere geräumige Wohnung und stoßen auf eine etwa 10 Meter lange Front bodentiefer Terrassentüren, die auf eine ebenso breite Terrasse mit direktem Seeblick schaut. Wir öffnen gleich eine der Schiebetüren, gehen hinaus und staunen über den atemberaubenden Blick auf das gewaltige Alpenpanorama. Die Aussicht auf den See ist nur teilweise etwas eingeschränkt durch das niedrige Hotelgebäude gegenüber. Die Straße sehen wir gar nicht. Wir hören sie auch kaum. Sie ist nicht stark befahren.

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