Gut ausgeschlafen wachen wir in unserem geräumigen Kolpinghauszimmer in Lingen auf. Meine Schwester hat heute Geburtstag und wir nehmen für sie ein kleines Gratulationsvideo mit Gesang auf, über das sie sich sehr freut. Wir gehen hinab in den Frühstücksraum, wo nur eine Person außer uns frühstückt. Wir mussten wie in jedem Hotel bisher am Vorabend schon angeben, wann wir zum Frühstücken kommen, damit die nötigen pandemiebedingten Hygienevorschriften eingehalten werden können.
Als wir später auf die dritte Etappe aufbrechen, sieht der Himmel sehr nach baldigem Regen aus. Wegen der hohen Regenwahrscheinlichkeit, die für heute vorhergesagt ist, wollen wir diesmal nur eine kurze Strecke zurücklegen. Bis Meppen sind es nur 37 km. Vorsichtshalber haben wir schon ein Hotelzimmer reserviert, nämlich im Hotel Schmidt am Markt. Zur Zeit ist es noch trocken und wir lassen Regenhose und Regenjacke in der Fahrradtasche stecken. Das Kolpinghaus liegt sehr zentral und wir erreichen schon bald die Fußgängerzone mit einer Bäckerei, bei der wir uns mit Proviant für unterwegs versorgen. Inzwischen hat es zu nieseln begonnen und wir legen unter der schützenden Markise der Bäckerei unsere Regenkleidung an.
Ich starte schon in Richtung Touristeninformation, um dort noch einmal auf die Toilette zu gehen. Als ich den langen Bauzaun passiert habe, schaue ich mich nach Johannes um. Er ist nicht da. Ich fahre noch einmal zur Bäckerei zurück. Zum Glück wartet er dort auf mich. Die Touristeninformation verfügt leider nicht über eine eigene Toilette. Aber gleich gegenüber befindet sich das Rathaus mit öffentlichen Toiletten. Das Rathaus ist geschlossen heute. Ich mache mich bei der Dame an der Rezeption mit Klopfen gegen die Scheibe bemerkbar und sie lässt mich freundlicherweise ein für den Toilettengang.
Endlich kann es losgehen. Der Emsradweg führt auf der anderen Seite des Dortmund-Ems-Kanals entlang. Bis zum „Neuen Hafen“ fahren wir noch ein kleines Stück durch die Stadt und treffen dann bald auf eine Rad- und Fußgängerbrücke über den Kanal. Drüben angekommen, sind wir im Zweifel, ob wir dem Wegweiser folgen sollen, der uns vom Kanal wegleitet, oder ob wir am Kanal entlang fahren sollen wie es unsere Karten vorsehen. Ein Dame spricht uns an und fragt, ob sie uns helfen kann. Nachdem wir ihr unsere Überlegungen mitgeteilt haben, glaubt sie, dass sicherlich jemand an dem Wegweiser gedreht hat. Sie klagt über die randalierenden Jugendlichen, die oft die Wegweiser verdrehen. Wir sind auf der ganzen Tour allerdings noch nicht einmal einem verdrehten Schild begegnet und glauben eher, dass es sich um eine alternative Route handelt, die nicht am Kanal entlang führt.
Wir bedanken uns bei der Dame und wenden uns dem Uferweg am Kanal zu. Schon bald verlässt der Radweg den Dortmund-Ems-Kanal und schlängelt sich wieder mit den Windungen der Ems durch Wälder und Feldfluren bis hin zum Speichersee Geeste, einem riesigen Badesee, der im Sommer voller Segelboote sein soll und mit seinem 850 Meter langen Badestrand Touristen von Fern und Nah anlockt. Heute im herbstlichen Wolkengrau wirkt er nicht so attraktiv. Allerdings regnet es wenigstens nicht mehr. Ein wenig lockern die Wolken sogar auf.
Johannes hat über seine Regenjacke noch den warmen Anorak angezogen, weil ihm so fröstelig ist. Seine Hände steckt er beim Fahren abwechselnd in die Jackentaschen. Wir hatten nicht geglaubt, Handschuhe zu brauchen auf der Tour. Mützen oder Stirnbänder wären jetzt auch sehr wünschenswert. Wir umrunden den halben See bis wir ihn auf der Westseite wieder verlassen, um der mäandernden Ems weiter zu folgen. Es wird langsam Zeit für eine Mittagsmahlzeit. Ich träume heute von einem warmen Süppchen statt Proviantbrot. Wir befinden uns auf der Höhe der kleinen Ortschaft Groß Hesepe. Ein Blick ins Internet überzeugt uns davon, dass wir dort auf eine Einkehrmöglichkeit mit warmer Suppe hoffen dürfen. Wir verlassen die Radstrecke und gelangen 10 Minuten später ins Zentrum von Groß Hesepe. Gleich gegenüber der Kirche gibt es ein Restaurant. Das hat geschlossen. Ein Stück weiter an der Hauptstraße finden wir ein Café. Es hat geschlossen. Jetzt fängt es auch noch heftig an zu regnen. Wir flüchten in das große Bushaltestellenhäuschen zwischen dem Restaurant und dem Café und packen unseren mitgebrachten Proviant aus.
Wir lassen uns unsere Laune nicht verderben und genießen die mitgebrachten Brötchen. Wir warten ab, bis es nicht mehr regnet, und begeben uns wieder zurück auf den Emsradweg. der wieder in weiten Parallelschleifen der abwärtsströmenden Ems folgt. Es dauert nicht mehr lange bis wir den einladenden Marktplatz im Zentrum von Meppen erreichen. Der Eingang zu unserem Hotel liegt auf der Rückseite des Hauses. Wir treffen dort auf eine Gruppe von zwei Damen und einem Herrn, die ebenfalls mit Rädern ankommen und im Hotel Schmidt logieren möchten. Der Herr fährt ein Dreirad mit bequemem Liegesitz. Erst später beobachten wir, dass er gehbehindert ist. Das Radfahren scheint aber sehr gut zu funktionieren. Die Dame an der Rezeption schickt uns alle fünf zu einer etwas abgelegenen Garage, in der wir die Räder unterbringen können. Man hat uns das Zimmer mit der Nummer 5 gegeben. Es schaut auf den Innenhof. Es sei besonders leise. Man habe uns extra abgegradet. Das erklärt uns die Dame von der Rezeption, als wir uns beklagen über den lauten Ventilator von der Hotelküche. Der Ventilator werde am Abend abgestellt.
Wir ruhen uns ein wenig aus und brechen dann zu einem Stadtrundgang auf. Der Himmel ist jetzt fast wolkenlos. Es beginnt schon ein wenig zu dämmern. Meppen mit seiner über 1200-jährigen Geschichte hat viele imposante Baudenkmäler und schöne Plätze. Selbst der Fahrradstellplatz vor dem Krankenhaus Ludmillenstift wirkt ästhetisch designt.
Wir entdecken einen schmalen Pfad zwischen den Häusern, der sich Jesuitengang nennt. Das klingt sehr interessant. Wir folgen ihm und gelangen in einen kleinen Park namens Schülerwiese. Auf der anderen Seite des Parkes fließt die Hase, die genau hier in den Dortmund-Ems-Kanal mündet. Von einem Brückchen aus schauen wir auf eine alte Mühle auf der Halbinsel zwischen den Wasserläufen. Dahinter lockt ein idyllisch gelegener Biergarten. Wir entscheiden uns allerdings, ins Zentrum zurückzukehren. Es wird schon ziemlich dunkel jetzt und der Park ist nicht besonders gut beleuchtet.
Den Abend verbringen wir bei gutem Essen und feinem Getränk im Hotelrestaurant des Hotels Schmidt am Markt, wo wir den drei Radwanderern von heute Nachmittag wieder begegnen. Die Nacht ist leider nicht so ruhig wie wir gehofft hatten. Nachdem der Küchenventilator gegen 22:30 Uhr endlich ausgeschaltet wird, tönt ein anderes undefinierbares Dauergeräusch im Innenhof des Hotels.
I believe this site has very excellent written subject material articles.
Habe gerade Eure Emsradreise gelesen. Wenn man dieses schöne Gebiet kennt, umso interessanter. Lese noch die anderen Beiträge. Die Veranstaltung bei Ludger zu erleben war mir zu riskant. Wäre gerne gekommen.
Viele Grüsse
Paul Reinehr