Wir stehen schon um 7:00 Uhr auf, weil um 10:22 Uhr ein Regionalexpress im Frankfurter Hauptbahnhof abfährt, der für uns infrage kommt. Vorher wollen wir uns allerdings noch beraten lassen und eruieren, ob wir nicht sogar den ICE nehmen können, mit dem wir mehr als eine Stunde Zeit sparen könnten. Als Zielbahnhof haben wir Dettelbach-Bahnhof ausgesucht. Von dort können wir bequem mit einem Tagesschnitt von knapp 40 km in neun Tagen unser Auto wieder erreichen. In Würzburg müssen wir einmal umsteigen. Wir hoffen sehr, dass wir dort keine Treppen überwinden müssen mit den schweren Rädern und dem Gepäck.
Als wir die Räder aus der Hotelgarage fahren, merken wir gleich, wie stürmisch es heute ist. Ein Freund hatte uns gestern schon per WhatsApp gewarnt vor dem angekündigten Sturm. Er meinte allerdings, der würde uns ja schieben als Rückenwind. Er wehe nämlich aus Westen. Wie schade, dass wir ab jetzt vorwiegend in westliche Richtung fahren werden. Auf dem Weg zum Bahnhof müssen wir den Main überqueren. Auf der Brücke werden wir fast umgeweht von dem kräftigen Wind. Ich lasse es mir trotzdem nicht nehmen, die Wahnsinnsskyline von Frankfurt vor dem schwarzen Morgenhimmel noch einmal abzulichten.
Im Bahnhof lassen wir uns von einer sehr netten Bahnbeamtin beraten. Sie versucht, für uns noch eine Fahrradreservierung im ICE vorzunehmen. Leider ist der Zug aber fahrradmäßig bereits ausgebucht. Also kaufen wir Tickets für den Regionalexpress. Der Umstieg in Würzburg wird von Gleis 10 auf Gleis 9 erfolgen. Wir sind guter Dinge, dass es sich dabei um benachbarte Gleise handelt und wir nicht den Bahnsteig wechseln müssen. Wir erfragen noch, in welchem der Waggons die Fahrräder transportiert werden und erfahren, dass es immer der erste oder der letzte sei. Wie es hier konkret aussehe, könne sie nicht feststellen.
Wir suchen schon unser Gleis auf, obwohl es noch etwas zu früh ist. Da Frankfurt ein Kopfbahnhof ist, erreichen wir mühelos und ohne Treppen das Gleis 7 für die Abfahrt. Schon bald aber lesen wir auf der Anzeigetafel, dass das Gleis für unseren Zug gewechselt hat. Wir wechseln mühelos hinüber zu dem anderen Gleis. Dem neuen Gleis gegenüber steht schon der ICE, den wir gerne genommen hätten. Eine Radfahrerin versucht, mit ihrem Rad dort einzusteigen. Sie besitzt sogar Fahrkarten für sich und das Fahrrad. Da sie aber keinen Stellplatz reserviert hat, wird sie von dem Schaffner abgewiesen. Es sei kein Platz mehr für ihr Rad im Zug. Sehr frustriert stellt sie sich zu uns und wartet auch auf den Regionalzug. Wir fragen uns gemeinsam, ob der Fahrradwagen wohl der vordere oder der hintere Waggon sein wird. Es wäre nicht schlecht, sich schon passend hinzustellen. Der Schaffner des ICE kann uns da keine Auskunft erteilen, es sei aber immer der erste oder der letzte Waggon. Zufällig kommt gerade ein anderer Bahnmitarbeiter auf einem Transportwagen an uns vorbeigefahren. Er erklärt, dass es darauf ankomme, ob es sich um einen alten oder einen modernen Zug handele. Bei den modernen Zügen könne man in jedem Waggon mit dem Rad einsteigen.
Unser Zug fährt ein. Er heißt „Main-Spessart-Express“. Es ist tatsächlich ein moderner Zug. Da wir aber gerade ganz hinten stehen, steigen wir wie alle anderen Radfahrer in den letzten Waggon ein. Wir fahren zwei Stunden lang am Main entlang und beobachten, wie das Wetter immer besser wird. Wir sehen nur noch ein paar wenige Wölkchen vor blauem Himmel, die sich im glitzernden Wasser des Main spiegeln.
In Würzburg steigen wir am Gleis 10 aus. Das Gleis gegenüber hat die Nummer 11. In wenigen Minuten fährt unser Anschlusszug auf Gleis 9 ab. Müssen wir jetzt etwa doch das Fahrrad die Treppe hinuntertragen und gleich wieder eine Treppe hinauftragen? Nein. Es gibt zum Glück einen Aufzug. In den passen zwei Personen mit Fahrrädern hinein, wie wir sofort erkennen. Es bildet sich aber schon eine Schlange vor der Aufzugtür. Wir stellen uns dort gleich an. Vor uns stehen drei Personen mit Fahrrädern, ein Einzelreisender und ein Paar, hinter uns wartet schon ein Rollstuhlfahrer und weitere Fahrräder mit ihren zugehörigen Fahrern. Es dauert lange bis der Aufzug wieder von unten hochkommt. Der Einzelreisende steigt ein. Das Paar macht keine Anstalten, sich zu trennen, um schon den leeren Platz in der Kabine zu füllen. Ich moniere das. Schließlich verzögere ein solches Verhalten den Abfluss der Warteschlange. Die junge Frau erklärt, sie gehörten ja zusammen und wollten auch zusammen fahren. Lehrmeisterhaft meint sie zu mir, wir seien doch wohl im Urlaub. Ich entgegne, dass unsere Umsteigezeit allerdings sehr begrenzt sei und steige mit meinem Fahrrad ein. Unten angekommen, erwarte ich, dass bei der nächsten Fuhre das Gemeinsamkeitspaar aussteigen wird. Aber zu meiner Überraschung kommen Johannes und der Rollstuhlfahrer herabgeschwebt. Das Pärchen hatte sie vorgelassen.
Auch am Gleis 9 gibt es einen Aufzug. Ohne Warteschlange gelangen wir zügig nach oben. Und schon fährt unser Zug ein. Er heißt Mainfrankenbahn. Innerhalb von 12 Minuten erreichen wir Dettelbach. Der Zug führt jetzt nicht mehr am Main entlang, sondern kürzt die etwa 50 km lange Mainschleife auf weniger als 20 km ab. Der Waggon ist ziemlich vollgestellt mit Rädern. Beim Aussteigen in Dettelbach-Bahnhof haben wir große Mühe, den Ausgang rechtzeitig zu erreichen. Endlich draußen auf dem zwar sonnig warmen aber stürmischen Gleis erkennen wir, dass wir uns in der absoluten Ödnis befinden. Kein Ort weit und breit. Das Ortsschild auf dem Bahnsteig zeigt an: Dettelbach-Bahnhof. Der Ort Dettelbach befindet sich offensichtlich nicht hier. Johannes schaltet sein Navigationssystem Navigon ein, mit dem wir schon oft gute Erfahrungen im Auffinden von schönen Fahrradstrecken gemacht haben. Es sind noch etwa 7 km in westliche Richtung bis zur Stadt Dettelbach. So werden wir heute doch noch überraschend in den Genuss von Rückenwind kommen.
Beim Verlassen des Bahnsteiges kommen wir an einem riesigen Zwetschgenbaum vorbei, dessen reife Früchte zu Hauf am Boden liegen. Wir lesen einige davon auf und führen sie uns zu Gemüte. Sie schmecken einfach köstlich, nicht vergleichbar mit den Zwetschgen, die es zurzeit in Köln zu kaufen gibt. Endlich setzen wir uns auf unsere Räder und lassen uns über schöne Feldwege in Richtung Dettelbach führen. Der stürmische Wind bläst so stark von hinten, dass wir kaum treten müssen und keinerlei Fahrtwind spüren. Wir brauchen 20 Minuten bis wir Dettelbach erreichen. Dort durchfahren wir den mittelalterlichen Stadtkern, um die gut erhaltenen Stadtmauern, Türme und Tore zu bestaunen und starten dann zügig auf die Fahrradstrecke entlang des Main.
Der Main liegt links von uns, rechts schauen wir auf Weinhänge. Im weiteren Verlauf ist der Radweg gesäumt von Obstgärten mit Zwetschgen, Birnen und Äpfeln. Am Wegesrand steht ein Korb mit Fallobst und Tomaten zum Verschenken. Wir nehmen uns eine Birne und eine Tomate für unser Picknick heraus. Bis Kitzingen fahren wir auf der rechten Mainseite. Dort überqueren wir den Main über die „alte Mainbrücke“, eine mittelalterliche Steinbrücke ohne Autoverkehr, die uns mit ihren Bögen und nischenförmigen Ausbuchtungen an die Pont neuf erinnert.
In Marktsteft soll es den ältesten Hafen Bayerns geben. Leider finden wir ihn nicht. Der Radweg führt jetzt vom Main weg mitten durch das Stadtgebiet. Erst kurz vor Marktbreit stößt er wieder auf den Main, der gerade eine große Rechtskurve macht. Die letzten 10 km bis Ochsenfurt sind mühsam. Der Sturm weht uns jetzt so stark entgegen, dass wir die höchste Powerstufe „Turbo“ einschalten müssen, um überhaupt von der Stelle zu kommen. Gegen 16:30 Uhr erreichen wir Ochsenfurt und fahren gleich zur Touristeninformation. Wir haben noch keine Unterkunft für heute Nacht. Die Dame von der Info empfiehlt uns das B&B Altstadt-Gästehaus. Sie ruft für uns dort an und kündigt unser baldiges Eintreffen an.
Wir durchqueren den sonnenbeschienenen Marktplatz der historischen Altstadt und finden gleich hinter der Buchhandlung die Redersgasse, in der unser Gästehaus liegt. Die freundliche Wirtin empfängt uns schon am Tor zu dem zauberhaften Innenhof mit riesigem weißen Oleander in der Mitte. Sie zeigt uns den Raum für die Fahrräder, in dem wir auch gleich die Akkus aufladen können. Dann bringt sie uns in die „Scheune“ mit ihrem weiträumigen Gastraum mit Klavier im Erdgeschoss und einigen Suiten im ersten Stock. Wir sind begeistert von der Gemütlichkeit der Räume. Erfreut entdecke ich in unserem Schlafraum den alten Sekretär, wie hingestellt für mich zum Tagebuchschreiben.
Unsere Wirtin zeigt uns an dem überdimensional langen Holztisch im Gastraum unsere Plätze für das Frühstück morgen früh. Wir sollen uns ganz an den rechten Rand setzen. Ganz links säße ein anderes Paar. „Alles wegen der blöden Grippe“, äußert sie dazu mit vielsagendem Blick. Ist sie eine Coronaleugnerin? Wir fragen sie, ob sie uns ein Restaurant empfehlen könne. Sie rät zunächst einmal ab und zählt mehrere Lokale auf, die wir auf keinen Fall besuchen sollten. Ihre Gäste seien von dort schon mit Bauchschmerzen zurückgekommen. Sie empfiehlt uns das „Öchsle“, ein kleines Weinlokal mit fränkischer Küche. Wir schauen es uns später an und entscheiden uns, im Bären mit seinem prächtigen Restaurantgarten unter alten Bäumen essen zu gehen, dessen Speisekarte uns eher zusagt.
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