In der Reisebeschreibung heißt es:
8. Tag, Mi 12.6.19: Puno – Cusco
Nach dem Frühstück Transfer zur Busstation. Weiterfahrt mit dem Bus durch die traumhaft schöne Landschaft der Anden bis nach Cusco. Höchster Punkt ist der Pass La Raya auf 4.315 Höhenmetern. Sie machen einen Zwischenstopp in Raqchi, auch bekannt als „Tempel der Wiracocha“. Im Anschluss erreichen Sie Andahuaylillas und besichtigen die Kirche San Pedro, die aufgrund ihrer Fresken auch als die „Sixtinische Kapelle Südamerikas“ bezeichnet wird. Unterwegs genießen Sie ein landestypisches Mittagesssen. Gegen Nachmittag erreichen Sie die Busstation in Cusco und werden zu Ihrem Hotel gebracht.
Um 6:00 Uhr kommt unser Bus und bringt uns zum Busbahnhof, wo wir in einen größeren Touristenbus umsteigen, der auch noch andere Fahrgäste transportiert. Wir haben schon gestern Tickets mit Sitzplatzreservierung erhalten. Im Bus begrüßt uns ein deutschsprachiger Reiseleiter namens Eric. Er begrüßt auch die spanisch sprechenden und die englisch sprechenden Fahrgäste in ihrer jeweiligen Sprache. Es zeigt sich, dass eine Reisegruppe offensichtlich nicht eingetroffen ist. Dadurch sind noch ziemlich viele Plätze im Bus frei. Wir verteilen uns für die lange Fahrt von 10 Stunden ein wenig lockerer. Auch ich wähle für mich einen Doppelplatz, damit ich meine Reiseführer und mein handschriftliches Tagebuch neben mir ausbreiten kann, während ich den Laptop auf dem Schoß platziere. Ich habe nämlich vor, die lange Fahrzeit zum Schreiben zu nutzen. Ich beherrsche die Kunst, gleichzeitig zu schreiben und aus dem Fenster zu schauen. So sehe ich, dass wir durch eine weite Hochebene fahren, die links und rechts gesäumt ist von hohen braunen Bergen ohne Vegetation.
Unsere erste Pause machen wir in Pucara. Wir besuchen ein Museum mit Zeugnissen der Präincakultur Pukara. Das Museum hat nur wenige Ausstellungsstücke. Eine Skulptur zeigt ein Menschenopfer. Ein Schamane hält einen menschlichen Kopf in den Händen. Noch heute, so erklärt uns unser Reiseleiter Eric, wird geopfert. Aber man opfere kein Blut mehr, sondern Rotwein. Er selbst sei zwar Christ, glaube aber auch an die PachaMama und an den christlichen Gott. Er zeigt uns ein Kreuz, das er an einer Kette um den Hals hängen hat, ein goldenes quadratisches Kreuz, das Andenkreuz Chakana. Seine vier Seiten, die jede wiederum aus drei Stufen bestehen, symbolisieren die vier Teile des Inkareiches. Das Loch bzw. der Punkt in der Mitte steht für das Zentrum des Inkareiches, die Inkahauptstadt Cusco. Die jeweils drei Stufen der Kreuzarme stehen für die drei Welten der Inka, die Oberwelt, die Lebenswelt der Menschen und die Unterwelt. Diese drei Welten werden in vielen Darstellungen auch durch den Kondor, den Puma und die Schlange symbolisiert. Den drei Welten entsprechen die drei Gesetze der Inkas: 1. Du sollst nicht lügen. 2. Du sollst nicht stehlen. 3. Du sollst nicht faul sein. Mir fällt auf, dass zwei dieser Gesetze auch in den christlichen 10 Geboten vorkommen, nicht aber das dritte Gesetz. Wie ist dieses Fehlen zu erklären? Später wird mir unsere überaus gebildete Reiseleiterin Elisabeth eine Antwort geben: Die Macht des riesigen Inkareiches und sein Funktionieren beruhten darauf, dass das Volk bereit war, ohne Entlohnung, hart für das Gemeinwesen zu arbeiten. Das sei der tiefere Sinn dieses dritten Gebotes.
Es gibt auch ein Kaffee in Pucara. Das rühmt sich damit, den besten Kaffee der Welt anzubieten: Tuci-Kaffee. Man bekommt dort auch den exotischen Kaffee „Choati“, der unangenehmerweise zuerst den Verdauungstrakt von Nasenbären durchläuft. 200 g kosten 170 Euro. In Peru ist er nicht so teuer. 200 g kosten hier 60 $.
In der Straße, wo sich das Kaffee und das Museum befinden, gibt es unzählige Verkaufsstände. Hier kaufe ich für die Gundi eine Uruküche in Miniatur aus Ton. Man kann von dem Dachgeschoss des Cafés aus auf den alten Pukara-Tempel blicken. Wir erkennen nur nicht, was der Tempel sein soll.
Den zweiten Stopp machen wir bei dem Pass „La Raya“, der 4315 Meter hoch liegt. Es ist nur ein kurzer Fotostopp von 5 bis maximal 10 Minuten. Wenn man sich da länger aufhalte, so Eric, sei mit Kopfschmerzen und Bauchschmerzen zu rechnen. Eric weist uns auf den Chimboya Gletscher hin, bei dem der Amazonas entspringt.
Auch hier sind wieder Verkaufsstände aufgebaut wie überall, wo Touristen anhalten, um zu schauen. Ich interessiere mich für eine Tischdecke, rotgrundig, sehr fein gewebt. Sie soll 75 Soles kosten. Ich schaue sie mir genauer an. Leider ist sie zu schmal für unseren Esstisch zu Hause. Ich wende mich ab und nehme Abstand von dem Kauf. Dann kommt aber die Dame vom Stand hinter mir her und schreibt mit einem Stück Kreide eine 65 auf ihren Handrücken. Ich schüttele den Kopf und steige in den Bus ein. Beate, meine allabendliche Tischnachbarin, lässt sich ohnehin gerade verschiedene Decken zeigen an dem Stand. Bestimmt ist mein Kaufinteresse aus dem Grunde nicht so wichtig, denke ich. Als ich schon im Bus sitze, sehe ich auf einmal draußen die Peruanerin mit einer 60 auf dem hochgehaltenen Handgelenk zu meinem Fenster hinaufschauen mit einem flehentlichen Blick. Ich stehe auf und gehe zur Bustür. Sie kommt schon um die Ecke mit der fertig aufgerollten Decke. Ich gebe ihr 60 Sol. Jetzt habe ich eine Decke. Und überhaupt keinen Platz im Koffer.
Am Pass „La Raya“ sind wir von der Provinz Puno hinübergewechselt in die Provinz Cusco. Schon nach kurzer Zeit wechselt die Landschaft ihr Aussehen. Es ist hier sehr viel grüner mit vielen Baumgruppen. Die sehr hohen über 5000 m hohen Berge links und rechts haben jetzt einen blassgrünen Überzug.
Die dritte Pause ist die Hauptpause: Ein Mittagessen auf 3450 m Höhe in Sicuani, einer mittelgroßen Stadt im landschaftlich wunderschönen Urubamba-Tal. In einem weiträumigen Speisesaal mit großen Fenstern zur Landschaft hin ist ein reichhaltiges Buffet aufgebaut. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Es gibt Schweine- , Alpaca- und Hähnchenfleisch, verschiedene Gemüsesorten, Salate, Kartoffeln und Reis. Draußen treibt gerade ein Hirte seine Kuhherde zusammen. Ich nutze die Steckdose an der Wand hinter unserem Tisch, um den schon fast leeren Akku meines Laptops wieder aufzuladen. Zurück im Bus kann ich gleich weiterschreiben, während die Mitfahrenden lieber ein kleines Schläfchen machen.
Die vierte Pause in Raqchi (3450 m) dient der Besichtigung einer Tempelruine aus der Inkazeit, die dem Schöpfergott Viracocha geweiht war. Bis zu 12 m hohe Säulen ragen imposant in den strahlend blauen Himmel. Neben der Tempelruine gehören zu der Ausgrabungsstätte auch zylinderförmige Lagersilos und Wohnhäuser.
Fünfte und letzte Pause machen wir bei der sog. „sixtinischen Kapelle von den Anden.“ Sie befindet sich am Plaza de Armas von Andahuaylillas (3122 m). Um die Jesuitenkirche zu betreten, müssen wir zuerst eine große Treppe hinaufsteigen, was uns bei der dünnen Luft schon schnell nach Atem ringen lässt. Doch dann wird die Mühe mehr als entlohnt. Wir treten in einen prachtvollen barocken Kirchenraum, überquellend von Gold, großartigen Fresken und Gemälden. Auch hier lässt sich wieder die Vermischung von indianischer Kunst und christlichen Motiven beobachten.
Gegen 18:00 Uhr kommen wir in Cusco an. Wir werden schon von zwei Kleinbussen erwartet, die uns bis fast vor die Haustür unseres Hotels bringen werden. Leider ist die Reiseleiterin Elisabeth, die ab morgen für uns zuständig sein wird, noch nicht da. Sie wird vertreten durch Claudia und Elhanan, die uns bis ins Hotel begleiten und uns unsere Zimmer zuweisen.
Der Mond hat seit Lima stetig zugenommen und sieht inzwischen so aus: