Unser Hotel in Puno liegt ganz nahe dem Plaza de Armas, dem Hauptplatz von Cusco. Johannes und ich haben unglaubliches Glück mit unserem Zimmer. Das Zufallsprinzip hat uns eine zweigeschossige Suite zugedacht mit riesigem Bad, in dem sich eine Whirlpoolbadewanne befindet, und einem kleinen Balkon zur ruhigen Seitenstraße hinaus, von dem aus wir bis in die Innenstadt und auf die gegenüberliegenden Hügel schauen. Andere Mitreisende nennen ihr Zimmer eine bessere Besenkammer. In vielen Zimmern gibt es gar keine Fenster nach draußen, sondern nur in einen überdachten Innenhof hinein.
Gestern Abend haben wir die Stadt schon ein wenig kennengelernt. Einige von uns haben es sich nicht nehmen lassen, zu dem Restaurant für das Abendessen zu Fuß zu gehen. Das war ein kleines Abenteuer. Unser Weg führte quer über den Plaza de Armas, wo gerade zwei verschiedene Demonstrationen stattfanden und viele andere Aktivitäten. Eine Tanzgruppe junger Leute studierte gerade einen Formationstanz in Trachtengewändern ein. Überall war Polizei. Taxis und andere Autos drängten sich durch die engen Gassen und hupten unentwegt. Jenseits des Platzes ging es steil bergauf zu unserem Restaurant namens „Pacha Papa“. In großer Langsamkeit und kleinsten Schritten sind wir wegen der Atemprobleme in der Höhenluft hinaufgestiegen auf den schmalen Bürgersteigen neben dem nicht abreißenden Strom der Fahrzeuge, die den Berg hinunterfuhren.
In der Reisebeschreibung des ADAC heißt es für heute, Donnerstag, den 13.06.2019:
Freuen Sie sich auf einen geführten Stadtrundgang durch das malerische Cusco, die alte Hauptstadt des Inkareiches. Die Altstadt ist geprägt von restaurierten Kolonialbauten und wurde von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt. Sie spazieren durch die engen Gassen und sehen u.a. die Kirche Santo Domingo und den Plaza de Armas. Erleben Sie die Kultur und Geschichte der Inkas und fühlen Sie sich in die Vergangenheit zurückversetzt. Der Nachmittag steht zur freien Verfügung.
Optionales Ausflugspaket (Wir haben es gebucht.)
Halbtagesausflug zu drei weltbekannten Inkastätten
Nur ca. 3 km von Cusco entfernt liegen die Ruinen der Inka-Festung Sacsayhuaman, eine der bedeutendsten Anlagen von Cusco. Die gesamte Ruine ist ca. 600 m lang. Zum Bau der Mauer wurden riesige Steine von 20 km entfernten Steinbrüchen herantransportiert und dann erst bearbeitet bis sie fugenlos aneinander passten. Der größte Stein ist 9 m hoch, 5 m breit, 4 m dick und wiegt über 200 Tonnen. Hier wird heute noch der Sonnengott verehrt. Weiter geht es zur Stätte Puca-Pucara („rotes Ford“). Eigentlich weiß niemand so genau, was diese Ansammlung von Mauern und Treppen bedeuten soll, denn es sind keine Gebäude auf dem Gelände erkennbar. Angeblich handelte es sich um eine große Verteidigungsanlage. Zum Abschluss besuchen Sie Tambomschay, das sog. Wasser-Heiligtum. Es handelt sich um eine in die Felsen gehauene Ruine, die über verschiedene Terrassen das Wasser zu kleinen Nischen und künstlichen Quellen leitet, die alle eine andere Wirkung haben sollen.
Übernachtung im 3* San Francisco Plaza Boutique Hotel (Landeskat.) o.ä. in Cusco
Um 9 Uhr kommt uns unsere neue Reiseleiterin Elisabeth im Hotel zu einem Stadtrundgang abholen. Sie ist noch sehr jung und spricht ein hervorragendes Deutsch. Zuerst führt sie uns zum Plaza San Pedro, den wir in 5 Gehminuten erreichen, und weist uns auf die Markthallen hin. Dort gibt es alle einheimischen Produkte zu kaufen. Sie empfiehlt uns, diesen Markt an unserem letzten Tag, der ja zur freien Verfügung steht, zu besuchen und Fotos zu machen.
Unser nächster Anlaufpunkt ist die Kirche Santa Domingo, die auf den Ruinen des Sonnentempels, des größten Heiligtums der Inkahauptstadt Cusco, errichtet worden ist. Bei dem Erdbeben 1950 brach die Kirche zusammen und die Ruine des Inkaheiligtums kam zum Vorschein. Die Spanier hatten bei ihrer Eroberung Perus im 16. Jahrhundert durch Francisco Pizarro versucht, alle Heiligtümer des Inkareiches zu zerstören. Die unfassbar großartigen Bauten der Inka kamen den Spaniern wie Teufelswerk vor, das es zu zerstören galt. Sie raubten alle Gold- und Silberschätze aus den Heiligtümern und verwendeten die Steine für den Bau ihrer Kathedralen, Häuser und Straßen.
Man kann von den Inkamauern in Santo Domingo noch einige finden. Die Spanier hatten alle Inkawände, die sie stehen gelassen hatten, mit Gips verputzt und mit christlichen Motiven übermalt. Der Boden wurde gepflastert. Für die Inka war es sehr wichtig, dass der Boden offen blieb, denn nur so konnte man in dem Tempel mit der Mutter Erde, PatchaMama, in Kontakt sein. Bei dem Erdbeben ist der Gips von den Wänden geplatzt. Weiße Spuren auf den Inkawänden zeugen noch von der Verputzung.
Inkatempel sind immer nach Osten ausgerichtet, damit die aufgehende Sonne durch Lichteinfallfenster die ganze Anlage beleuchten kann. Die Spanier aber benutzten die Außenmauern des Altarraums in der Ostecke der Inkaanlage als Fundament für die Kirche, die sie darüber bauten. Bei dem großen Erdbeben aber fiel die Kirche in sich zusammen, während die Inkamauern stehen blieben. Beim Wiederaufbau der Kirche nach dem Erdbeben hat man den Altarraum nicht überbaut, so dass dort heute wieder das Licht der aufgehenden Sonne einfallen kann.
Auf ihre unnachahmliche temperamentvolle Art bringt uns Elisabeth die Feinheiten der Inka-Architektur nahe. Sie erklärt uns, inwiefern die Neigung der Wände die Stabilität des Baus bewirkt. Die eine Wand ist nach innen geneigt, die um die Ecke führende Nachbarwand ist entgegengesetzt geneigt. Die lückenlos ineinander verzahnten Steinblöcke wurden nach einer positiv-negativ-Methode mit Sand solange geschliffen, bis sie perfekt aufeinander passten. Wie dick diese stabilen Wände sind, lässt sich nur an wenigen Stellen erkennen. Elisabeth zeigt uns eine solche Stelle, an der wir sehen können, dass die Steinblöcke etwas 1,50 m bis 1,60 m Tiefe besitzen. Bemerkenswert sind auch die trapezförmigen Türstürze, deren Form ebenfalls für hohe Stabilität sorgt. Doppelrahmentüren wie die, in der wir Elisabeth in der Abbildung stehen sehen, werden auch Königstüren genannt. Sie bilden den Haupteingang in die jeweilige Anlage.
Wir setzen unseren Stadtrundgang fort durch das Künstlerviertel von Cusco. Wir schauen links und rechts der engen Gassen in Künstlerwerkstätten und Innenhöfe mit großen Bildergalerien. Schließlich erreichen wir den Plaza de Blas, an dem sich das Reaturant „Pacha Papa“ befindet, in dem wir gestern Abend gegessen haben. Auf unseren Wunsch ermöglicht uns Eilisabeth einen Besuch in der Kirche von San Blas, wo insbesondere eine zuhöchst kunstvoll geschnitzte Kanzel zu bewundern ist, die ein einheimischer Künstler aus einem einzigen Stück gefertigt hat.
Jetzt geht es steil bergab zum Plaza de Armas. Wir marschieren durch eine sehr enge Gasse auf Gehwegen von 30 cm Breite im Gänsemarsch hintereinander. In der Mitte fährt ein Auto nach dem anderen hinab. Ein kleines Stück unseres Weges bergab ist Fußgängerzone. Hier passieren wir wieder die imposante Inkawand, die einige von uns schon von gestern Abend kennen.
Unten am Platz findet eine riesige Feier anlässlich der Gründung von Cusco vor 500 Jahren statt. Laute Musik erschallt über den Platz. An gefüllten Zuschauertribünen gehen einheimische Frauen in Tracht entlang und verkaufen Getränke und Speisen. Um das Zentrum des Platzes herum bewegt sich ein langer Zug herrlich gekleideter Tänzer, die einheimische Tänze aufführen.
Wir besuchen die Kathedrale von Cusco. Ein silberner Altar mit der heiligen Mutter Gottes im Zentrum ist vor den ursprünglichen Altar gebaut worden, der verschiedene Heiligenfiguren zeigt. Maria war für die Einheimischen die wichtigste Heilige des Christentums, weil sie in ihrer Beschützerrolle eine ähnliche Funktion innehat wie die PatchaMama. Die Marienfigur in dem Altar trägt ein prächtiges Gewand aus echtem Stoff, die Spende einer reichen Familie. Ganz häufig sieht man in Peru die Madonna und andere Heiligenfiguren mit echten Kleidern bekleidet. Auf diese Weise haben sich die Einheimischen nach der Bekehrung zum Christentum durch die Spanier die Heiligen, die ihnen eigentlich sehr fremd waren, nahe gebracht. Sie erschienen ihnen in den Kleidern wie wirkliche Menschen.
Für die Ausstattung der Kirche mit Gemälden sind auch einheimische Künstler beauftragt worden. Die verstanden es, ihre Glaubensmotive Sonne, Mond, Kondor, Puma und Schlange mit einzuarbeiten in ihre Darstellung von Heiligen des Christentums. Ganz berühmt ist die Darstellung des Abendmahls mit einem Meerschweinchen auf dem Teller statt eines Opferlamms.
Nach dem Besuch der Kathedrale kehren wir in ein Café ein und essen eine Kleinigkeit. Es gibt hier wunderbare Empanadas, Teigtaschen mit unterschiedlichen Füllungen. Das Vormittagsprogramm ist jetzt zu Ende. Diejenigen, die das zusätzliche Besichtigungsprogramm für den Nachmittag nicht gebucht haben, hätten jetzt Zeit zur freien Verfügung. Es haben sich aber alle restlichen Personen entschlossen, den Ausflug noch nachzubuchen, so dass wir jetzt alle gemeinsam aufbrechen zu den berühmten Inkastätten von Cusco.
Wir besuchen zuerst die Ruinen der Inka-Festung Sacsayhuaman, die hoch über dem Stadtkern von Cusco errichtet worden ist. Als wir das weite Gelände mit den auf drei Terrassen übereinander gebauten Inkamauern im Hintergrund betreten, sehen wir, dass gerade riesige Tribünen aufgebaut werden. Hier wird am 20. Juni die Sonnenwende gefeiert, ein großes Fest zur Verehrung des Sonnengottes. Die Spanier hatten dieses Fest nach der Eroberung Perus verboten. Aber seit der Unabhängikeit Perus von Spanien im Jahre 1821 konnten die Einheimischen die Sonnenwendefeier wieder begehen. Da allerdings inzwischen schon fast alle Peruaner den katholischen Glauben angenommen hatten, konnte der Papst es erreichen, dass das Fest wenigstens zum Zeitpunkt eines christlichen Feiertages gefeiert wurde, nämlich zu Fronleichnam.
Wir betreten das weiträumige Gelände mit seinen im Zickzack aufgebauten Inkamauern. Die Anlage bildet im Grundriss der Stadt Cusco, der die Gestalt eines Pumas besitzt, den Kopf des Pumas. Die Zickzackreihen der Mauern stellen dabei die Zähne des Pumas dar. Elisabeth hält uns auf ihre eloquente und kompetente Weise Vorträge über die Inkazeit. 1250 nach Christus habe die Inkazeit begonnen. Seit 1400 habe es Inkakönige gegeben. Vor der Inkazeit seien die Wari die mächtigste Kultur in Peru gewesen. Die Inka seien kleine Menschen gewesen. Ihre Macht erlangten sie durch eine Erzählung. Sie verbreiteten, sie entstammten vom Sonnengott Inki und seien von ihm geschickt worden, um die Welt zu verbessern und den Menschen etwas beizubringen. Mit dem Herrscher Viracocha um 1410 n. Ch. begann die große Zeit der Inkas. Sein Sohn Pachacútec verstand es, alle Menschen in sein Reich zu integrieren. Er führte das Volk der Inkas in die „goldene Ära“. Das Reich sei später nicht in erster Linie durch die spanische Unterwerfung untergegangen, sondern aufgrund von Querelen innerhalb der Herrscherschicht, unfähiger Thronanwärter, königlichem Inzest und dem zunehmenden Aufbegehren des Volkes gegen seine Herrscher. Das alles machte es schließlich den spanischen Eroberern leicht, die Macht an sich zu reißen.
Wir fahren mit dem Bus weiter zu unserer nächsten Besichtigung, der Opferstätte Q’enko. Zunächst sieht man nur einem Festplatz mit einem riesigen, zerklüfteten Kalkstein auf einem quadratischen gemauerten Sockel. Er hatte ursprünglich die Gestalt eines Pumas. Die Spanier haben die Skulptur zerstört, weil sie eine heidnische Gottheit darstellte. Der Puma steht für die Lebenswelt der Menschen.
Eine enge Spalte führt ins Innere eines Felsens. Hier betreten wir das Pendant zur Unterwelt. In dieser unterirdischen Höhle wurden vermutlich Tote mumifiziert oder sogar auch Menschenopfer dargebracht. Irgendwann haben die Inkas sich gegen Menschenopfer entschieden. Da es zu ihren Prinzipien gehörte, ihr eigenes Leben zu lieben, erkannten sie, dass sich diese Einstellung nicht vereinbaren lässt mit dem Töten von blühendem Leben. In der Anlage befindet sich auch ein Bereich, der die Oberwelt darstellt. Diesen Teil der Anlage darf man heute nicht mehr betreten.
Die letzte Besichtigung des heutigen Tages gilt der Postbotenstation Puka Pukara. An dieser Stelle führte der Inkapfad entlang, der Cusco mit Lima verband. Wir können noch einen Teil des Pfades an dem Hang gegenüber erkennen, der auch durch die typische Terrassierung durch die Inkas geprägt ist. Die Staffelläufer, die immer nur 20 km weit liefen, übergaben an der Postbotenstation dem nächsten Läufer ihre Nachricht. Die Staffelläufer selbst konnten nicht „lesen“. Sie transportierten lediglich die Knotenschnüre bis zur nächsten Übergabestelle.
Bevor wir in die Stadt zurückkehren, fahren wir noch kurz an der Statue des „Weißen Christus“ vorbei, der hoch oben auf einem Hügel mit ausgestreckten Armen schneeweiß die Stadt überragt. Schon am gestrigen Abend hatten wir ihn in seiner angestrahlten Pracht in die Nacht leuchten sehen. Die Statue ist gigantische 8 m hoch. Francisco Olazo Allende, ein Künstler aus Cusco, hat sie entworfen. Gespendet wurde sie von einigen Arabern, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Cusco Zuflucht fanden.
Den Abschluss unseres Ausflugspaketes bildet ein kleines von Elisabeth abgehaltenes Seminar in Sachen Alpacawolle. Sie führt uns zu einem Modegeschäft in Cusco, wo hochwertige Textilien aus Alpacawolle zu finden sind. Das Feinste vom Feinen sind Baby-Alpaca-Artikel. Wir lassen uns gerne von der Qualität überzeugen und lassen uns erklären, wie man die synthetische Ware, die häufig an den Straßenrändern angeboten wird, unterscheidet von echter Wolle. Ich empfinde es als sehr wohltuend, dass niemand uns zum Kaufen nötigt. Gerne dürfen wir alles anschauen, auch anprobieren, aber wenn wir am Ende „nein“ sagen, wird das ohne Missbilligung akzeptiert. Nach den unangenehmen Verkaufserfahrungen im Zypernurlaub im letzten Jahr, bin ich hier sehr entspannt und interessiert.
Wir zwölf Halpensionsreisende haben nach dem ausgedehnten Programm nicht mehr viel Zeit, uns ein wenig frisch zu machen für das Abendprogramm. Es steht um 19:30 Uhr ein Dinner mit Showprogramm im Tunaparestaurant an. Wir legen den Weg zum Plaza de Armas, wo sich das Restaurant befindet, diesmal alle zu Fuß zurück. In dem Lokal ist nahe einer kleinen Bühne ein langer Tisch für uns reserviert. Dort lassen wir den erlebnisreichen Tag bei leckerem Essen, einheimischem Bier und Pisco sour begleitet von traditionellen Tänzen und Musik fröhlich ausklingen.