Ankunft in Lima

Bei unserer Zwischenlandung in Bogota werden wir noch einmal kontrolliert. Sowohl in meinem Handgepäck, als auch in Johannes Tasche, sind gefährliche Gegenstände aufgefallen. Meine Tasche wird dreimal durch den Scanner geschickt und danach jedes Mal wieder ganz ausgepackt. Angeblich will man eine Schere gesehen haben. Ich kann mir das überhaupt nicht erklären. Ich habe meine kleine Reiseschere extra in den Koffer umgepackt. Inzwischen beanstandet man auch schon Johannes Tasche und schickt sie noch einmal durch den Scanner. Endlich öffnet die Kontrolleurin in kleines flaches Metalldöschen. Ich hielt es bisher immer für einen aufklappbaren Schminkspiegel, den ich allerdings nie benutze. Tatsächlich ist es aber ein Nähset mit winzig kleiner Schere darin. Die Schere wird noch einer anderen Kollegin gezeigt. Dann nimmt sie ihren bürokratischen Gang. Johannes Tasche wird jetzt auch ganz ausgeleert. An seinem Haustürschlüsselanhänger hängt ein Schweizer Taschenmesser in Miniatur, das abgelöst und einkasassiert wird. Dann taucht noch ein zweites Taschenmesser auf und eine Schachtel Streichhölzer. Alles weg. „Wie unangenehm“, so Johannes.

Wir begeben uns zum Gate 51. Ein schier endloser Weg durch den nachtschlafenden Flughafen von Bogota. Draußen ist es noch stockdunkel. Es ist 4:00 Uhr am Morgen. Auf langen Laufbändern rollen wir im Sauseschritt an zahllosen Gates vorüber, in denen scharenweise Menschen auf dem Fußboden oder auf den Bänken ausgestreckt schlafen. Wir scheinen die einzigen relativ ausgeschlafenen Fahrgäste zu sein. Bei unserem Gate angekommen erkundige logge ich mich gleich mit meinem Laptop in das Flughafen-WIFI ein und schreibe weiter im Reiseblog. Nach kurzer Zeit schon merke ich, dass der Akku bald leer sein wird. Ich frage die zwei freundlichen Damen, die uns gegenüber sitzen, ob sie vielleicht einen Adapter hätten. Johannes hat schon für mich herausgefunden, dass es weiter hinten Plätze mit Steckdosen gibt. Vehement antwortet die eine Dame mit einem entschiedenen „Nein.“ Schließlich wolle sie ja im Urlaub nicht arbeiten, sondern sie wolle Urlaub machen. Ich merke an, dass sie ja sicherlich trotzdem manchmal Strom brauche. Das räumt sie ein, erklärt aber, dass ihr Adapter im Koffer verpackt sei. Die andere Dame holt ein Kabel aus ihrem Handgepäck hervor, das sie zum Aufladen ihres Handys mitgenommen hat, und reicht es mir herüber. Leider kann ich es nicht gebrauchen. Später wird sich herausstellen, dass die beiden Damen zu unserer ADAC-Reisegruppe gehören.

Der Weiterflug verzögert sich fast um zwei Stunden. Zwar steigen wir pünktlich ein in unseren Flieger, aber dann stehen wir fast zwei Stunden lang in einer Warteposition. Wir nutzen die Zeit und holen ein wenig Schlaf nach.

Der Flug von Bogota nach Lima dauert nur etwa zweieinhalb Stunden. Ich sitze am Fenster und schaue fasziniert zunächst auf das immer kleiner werdende Bogota mit seinen bräunlichen in Rechtecken angeordneten Häusern. Ich schaue während des ganzen Fluges hinaus. Die Sicht wird nicht durch Wolken behindert. Ich freue mich schon darauf, gleich die Anden in ihrer gigantischen Pracht heraufwachsen zu sehen. Ob man uns vielleicht Bescheid sagt, wenn wir den Äquator überfliegen? Werde ich schon vom Flugzeug aus die Bahn der Sonne beobachten können? Die Landschaft unter mir ist zunächst noch grün und leicht hügelig. Es wohnt fast kein Mensch dort. Die wenigen kleinen Orte sind durch sehr lange gewundene Straßen miteinander verbunden. Ich sehe nach einer Zeit unter mir einen Fluss, der rechts und links von einem breiten grünenden Tal begleitet wird. Später erfahre ich, dass das der Amazonas ist. Wir schauen auf den Regenwald hinunter. Mit der Zeit erscheint die Welt unter mir immer unwirtlicher. Eine braune bergige Steinwüste. Alleine in den schmalen Flußtälern ist die Erde mit einer grünen Schicht überzogen. Die Berge werden immer größer. Immer wieder taucht ein dunkelblauer Bergsee auf. Menschen wohnen hier fast gar nicht mehr. Ob das schon die Anden sind? Sie müssen es sein. Viele Gipfel sind von Schnee bedeckt. Wir wenig gigantisch das massive Gebirge von hier oben wirkt.

Als wir uns Lima nähern, tauchen plötzlich immer mehr Wolken auf und lassen nichts mehr am Boden erkennen. Später werden wir von unserem Reiseleiter erfahren, dass Lima im Winter immer unter einer grauen Wolkenschicht liegt. Die hohe Luftfeuchtigkeit sei dafür verantwortlich

Am Flughafen in Lima erwartet uns unser erster Reiseführer. Er stellt sich uns kurz vor. Er heiße Juan und stamme aus dem Anden-Hochland. Juan spricht ziemlich gut Deutsch. Er hat eine Zeit lang in Deutschland studiert. Unsere Gruppe besteht aus 21 Personen unterschiedlichen Alters von etwa 40 bis 80 Jahren. Wir verlassen den Flughafen und begeben uns zum Busparkplatz, wo ein großer moderner Reisebus mit seinem Fahrer auf uns wartet. Juan erklärt uns, dass wir zuerst ein gemeinsames Frühstück am Meer einnehmen werden. Im Restaurant Mangos in dem eleganten Stadtteil Miraflores, wo wir auch wohnen werden, ist für uns ein Tisch reserviert worden. Wir fahren etwa eine Stunde lang quer durch die Stadt. Die wie zusammengewürfelt aussehenden Häuser links und rechts wirken teilweise ruinenhaft. Es fehlen Dächer, Armierungen ragen oben aus den Wänden, Wäsche flattert auf unbefestigten Balkonen. Zwischen den Häusern ragen hohe Palmen auf. Am Straßenrand wachsen die unterschiedlichsten blühenden Bäume. Johannes ist fasziniert von den völlig kreuz und quer verlaufenden Freileitungen, die in großen Bündeln von Mast zu Mast geführt werden und immer wieder riesige Knoten bilden. Auch der Verkehr wirkt chaotisch. Es wird ununterbrochen gehupt, gekreuzt, gequetscht. Die Autos sehen teilweise schrottreif aus. Juan macht uns auf die vielen kleinen heruntergekommenen Busse aufmerksam. Das seien private Beförderungsunternehmen. In Lima würden sie das Hauptverkehrsmittel bilden.

Verkehrschaos in Lima / Peru

Nach etwa einer halben Stunde erreichen wir das Meer. Unter dem grauen Himmel wirkt auch der Ozean grau. Wir fahren auf einer Schnellstraße am Strand entlang. Auch er sieht grau aus mit seinem dunklen Kies. Sehr einladend ist der Strand hier nicht und trotzdem sieht man eine ganze Reihe von Wellenreitern mit ihren Brettern im Wasser. Die besseren Strände von Lima liegen außerhalb des Stadtzentrums. Links von uns ragt dunkelbraun und mit Netzen gesichert die Steilküste auf. Sie wird offensichtlich gerade begrünt. An manchen Stellen sind die Netze bereits vollständig mit Efeu bewachsen. Die Straße führt nun hinauf zur schön angelegten hohen Uferpromenade. Wir passieren riesige mondäne Hotelanlagen und Parks bis wir schließlich das Einkaufszentrum Larcomar erreichen, in dem sich das Restaurant „Mangos“ befindet.

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