Dipkarpaz

Agios Synesios-Kirche in Dipkarpaz (Karpashalbinsel von Nordzypern)

Gegen halb zwölf verlassen wir das Andreaskloster und nehmen wieder im Bus Platz. Neben uns auf der anderen Seite des Ganges lässt sich ein sehr sympathisches Ehepaar nieder. Wir erfahren später, dass sie Ingrid und Peter heißen und dass sie wie wir aus Köln kommen. Ingrid weist mich darauf hin, dass mein blau-weiß-gestreiftes Seidentop am Saum ganz rot verfärbt ist. Bestürzt schaue ich mir die Bescherung an. Johannes meint, das seien vermutlich Spritzer von dem Granatapfelsaft, den ich mir an einem Getränkestand am Andreaskloster gekauft hatte. Mir kommt es eher so vor, als habe ich den halben Saftbecher auf mein Top ausgeschüttet. Da fällt mir auf, dass ich am Daumen kräftig blute. Ich erinnere mich plötzlich, dass ich nach dem Gang auf eine der Toiletten am Andreaskloster die Kabinentür nicht mehr öffnen konnte. Der Riegel klemmte und ließ sich nicht zurückschieben. Schließlich gelang es mir mit Gewalt, das Problem zu lösen. Offenbar hatte ich mir dabei den Daumen verletzt. Eine hinter uns sitzende Dame reicht mir ein Pflaster. Ingrid rät mir, den Fleck gleich mit Mineralwasser auszuwaschen. Ich beherzige den Ratschlag sogleich. Johannes, der immer eine Packung Papiertaschentücher in der Hosentasche mit sich führt, ist mir dabei behilflich. Mineralwasser bekommen wir im Bus unbegrenzt und umsonst, seit wir zu Beginn einmal 5 Euro bezahlt haben. Ich darf also großzügig mit dem kostbaren Nass umgehen. Nach wenigen Minuten sieht man nichts mehr von dem Fleck. Ich bin sehr erleichtert, ahne allerdings noch nicht, was mir im Laufe des Tages noch mit meinem geliebten Seidentop geschehen wird.

Unser nächstes Besichtigungsziel ist das Großdorf Dipkarpaz (von den Inselgriechen Rhizokarpaso genannt), der Hauptort der Karpazhalbinsel. Ursprünglich haben hier ausschließlich Zyperngriechen gelebt. Bei der Vertreibung der griechischen Zyprioten durch die türkischen Besetzer ist ein kleiner Teil der griechisch-zypriotischen Dorfbewohner in dem Dorf geblieben. Viele Festlandtürken haben in der Folgezeit hier gesiedelt und bilden heute den weitaus größeren Teil der Bevölkerung von Dipkarpaz. Selim macht uns auf die große Agios Synesios-Kirche mitten im Dorf aufmerksam. Sie sei sehr interessant. Neben gotischen Baumerkmalen könne man auch noch byzantinische Architekturelemente des Vorgängerbaus aus dem 12. Jahrhundert entdecken.

Wir schlendern vom Busparkplatz aus über die völlig unbelebte Hauptstraße vorbei an einem menschenleeren Lokal zu der Kirche, die unmittelbar neben der Hauptstraße auf einer erhöhten Plattform aufragt. Imposant hebt sie sich mit ihrer schneeweißen Fassade von dem strahlend blauen Himmel ab. Leider ist die Kirche geschlossen. Vergeblich versuchen wir es an allen Eingangstüren. Dipkarpaz hat allerdings außer dieser Kirche noch eine weitere Sehenswürdigkeit zu bieten, wie wir jetzt erkennen. Hoch über der Kirche auf einem Hügel ragen die Kuppeln und das Minarett einer Moschee in den Himmel.

Kirche und Moschee von Dipkarpaz

Wir erklimmen die breite Treppe, die auf den Hügel hinaufführt und besuchen die Moschee. Wir ziehen die Schuhe am Eingang aus und betreten den Innenraum. Ein Araber sitzt am Boden vor einem kleinen Rednerpult und spricht auf Englisch zu einer Gruppe von Zuhörern, die vor ihm im Halbkreis sitzen. Wir bleiben in einem Abstand stehen und lauschen seinem Vortrag. Er schildert, wie ein muslimisches Begräbnis abläuft. Ein grüner Leichenwagen, beflaggt mit dem Halbmond und dem Stern, bringt den Leichnam in einem Sarg zum Friedhof. Dort wird der in ein Leinentuch gewickelte Leichnam dem Sarg entnommen und in ein 3 bis 4 Meter tiefes Erdgrab gelegt. Der Kopf zeigt in Richtung Mekka. Das Grab wird mit Erde gefüllt und oben darauf wird ein Holzstab gesetzt. Monate später wird der Holzstab durch eine Marmortafel ersetzt. Wir freuen uns über das unerwartete Erlebnis dieser kleinen Szene und kehren zum Bus zurück, der uns gleich zum Baden an einen der langen menschenleeren Strände des Karpas bringen wird, nämlich an den Golden Sands Beach.

Der blaue Bus mit der Nummer 222

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