Gut ausgeruht spazieren wir von unserer Unterkunft am Rathaus zur Bäckerei Löscher in der Altstadt von Hattingen. Wir erhalten dort ein perfektes Frühstück mit drei Brötchen und 6 Belägen für 13 Euro. Johannes ergänzt für sich das Angebot noch durch zwei Scheiben Räucherlachs für 2,30 Euro. Die sind für sein Proviantbrötchen vorgesehen. Ansonsten genügt ihm sein Nutella. Röbi und ich machen uns ein Käsebrötchen zum Mitnehmen und genießen zum Frühstücken die große Auswahl an Belägen. Für heute Abend haben wir noch keine Übernachtung gebucht. Geplant ist, heute bis Herdecke zu fahren. Leider ist dort alles ausgebucht. Wir weichen nach Hagen in ein Hotel aus, das etwa 5 km vom Ruhrradweg entfernt liegt, und buchen dort ein Einzel- und ein Doppelzimmer MIT FRÜHSTÜCK. Bei grauem Himmel spazieren wir zurück zur Unterkunft, packen unsere Taschen und holen die Räder aus der Garage. Über Nacht haben wir die Akkus wieder vollständig aufgeladen, obwohl wir nur 20% der Ladung gestern verbraucht haben. Wir wissen ja nicht, ob das Hotel in Hagen wieder Steckdosen im Fahrradunterstand anbietet. Leider nieselt es, als wir die Garage verlassen. Etwa 10 Minuten geht es an der Straße entlang bis wir die Ruhr erreichen. Wir überqueren sie und stoßen auf der anderen Seite wieder auf den Ruhrtalradweg. Es hat inzwischen aufgehört zu regnen und wird immer heller. Als wir schließlich den Kemnader See erreichen, den nächsten Stausee der Ruhr nach dem Baldeneysee, ist es schon wieder richtig sonnig und warm. Wir halten an und cremen uns mit Sonnenöl ein. Der Kemnader See ist wunderschön angelegt als Freizeitanlage. Es gibt getrennte Asphaltstrecken für Radler und Inliner. Manchmal führen drei Wege parallel, der dritte für Fußgänger. Alle Weile passieren wir einen attraktiven Biergarten.

Am Ende des Sees verlieren wir den Ruhrradweg. Das wird uns leider noch häufiger passieren. Die Beschilderung der Strecke ist nicht immer sehr deutlich. Beim Strandbad Kemnader See fragen wir jemanden, der uns den Weg zum Seeufer weist, und stoßen dort wieder auf die Fahrradstrecke. Nach einer Weile erblicken wir auf dem gegenüberliegenden Ufer der Ruhr die Burgruine Hardenstein. Hier setzen wir mir einer Fähre auf die andere Seite über. Der Radweg folgt jetzt einer stillgelegten Bahntrasse, auf der wir nach wenigen Kilometern auf eine Sperrung treffen, die uns zwingt, auf eine parallel laufende Straße auszuweichen. Röbi entdeckt unten am Ufer der Ruhr eine attraktive Stelle für unser Mittagspicknick, die wir von der Bahntrasse aus nicht hätten sehen können. Es gibt drei Bänke dort, die alle nicht auf die Ruhr schauen. Wir schaffen es, eine der Bänke, die nur an einem Bein mit einer Kette angebunden ist, so zu drehen, dass wir dadurch einen perfekten Aussichtplatz auf eine Ruhrschleife mit imposantem Viadukt im Hintergrund schaffen.

Es handelt sich hier um die Anlegestelle des Wittener-Kanuslalom-Vereins, dessen Vereinslokal heute geschlossen ist. Wir freuen uns über diesen „Geheimtipp“. Doch schon taucht ein Wandergrüppchen von drei sehr gesprächigen lauten Damen auf, die vermutlich durch uns drei auf das Plätzchen aufmerksam geworden sind. Sie wählen die Bank gleich hinter uns für sich aus, die allerdings auf die Straße schaut. Wir räumen unsere Räder beiseite, damit ihre Aussicht nicht noch weniger attraktiv ist. Zum Glück bleiben die drei nicht sehr lange dort sitzen und wir können unsere Idylle wieder in Ruhe genießen.
Für die Weiterfahrt ignorieren wir die Streckensperrung entlang der Bahntrasse und stoßen glücklicherweise nirgendwo auf Baustellenhindernisse. Bei dem Ort Wetter führt der Weg wieder auf die andere Ruhrseite hinüber. Wieder einmal gelingt es uns nicht, sofort zurückzufinden auf den Ruhrtalradweg. In einem großen Bogen den Berg hinauf und quer durch die Stadt lassen wir uns von meinem Navi schließlich zum Strandsee leiten. Dort treffen wir auf einen wunderbaren Panoramaplatz am Harkortsee (von uns „Hardcore-See“ genannt) mit Strandcafé und einer langen Reihe besonderer Holzbänke entlang der Uferpromenade. Wir lassen uns dort nieder und genießen den Ausblick auf den weiten See mit seinen Segelboten. Der Herr neben uns versucht, uns zu überreden, heute bei ihm im Burghotel zu übernachten. Er arbeite dort. Das Hotel sei wunderschön gelegen. Wir wollen allerdings noch ein wenig Strecke machen. Außerdem haben wir ja in Hagen schon eine Unterkunft gebucht. Die könnten wir aber noch stornieren. Wir schauen uns das Burghotel für Spaß einmal im Internet an. Es ist zu teuer für uns. Über Preise wisse er nichts, meint der Herr zu uns. Er sei dort Hausmeister.

Wir brechen wieder auf und radeln zauberhaft unter Hängeweiden am Seeufer entlang mit Blick auf das Ruhrviadukt von Herdecke. Unser Weg nach Hagen soll ein Stück hinter dem Viadukt über eine normale Straßenbrücke auf die andere Ruhrseite führen. Zunächst verpassen wir den Abzweig vom Uferweg und müssen zum Ärger von Röbi umkehren. Röbi hasst es, auf derselben Strecke zurückfahren zu müssen. Dann gelingt es uns nicht, auf die Brücke zu kommen. Mein Navi führt uns mitten in den Ort Herdecke hinein. Immer wieder müssen wir umkehren und uns neu orientieren. Es ist zum Verzweifeln. Erst spät merke ich, dass der Richtungspfeil von google-maps die ganze Zeit in die entgegengesetzte Richtung weist, weil ich mein Handy, das an der Powerbank hängt, auf den Kopf gestellt habe. Nachdem mir das klargeworden ist, gelingt es uns endlich, auf die Brücke zu fahren. Wir sind etwa eine halbe Stunde in Herdecke herumgekurvt.

Die Strecke innerhalb von Hagen führt lange an einer lauten Autostraße mit vielen Ampeln entlang. Zweimal verlieren wir uns aus den Augen. Einmal kommt Johannes nicht hinterher, weil er die von Röbis Rad heruntergefallene Jacke einsammelt, ein anderes Mal bleibt Röbi an einer roten Ampel hängen, ohne dass wir es merken. Wir freuen uns, als wir endlich bei unserem Hotel ankommen. An der Rezeption sitzt ein Minijobber, der sichtlich überfordert von unserem Eintreffen ist. Die Frühschicht heute morgen hatte nämlich kein Zimmer für uns eingetragen, obwohl unsere Reservierung bereits vorlag. Während wir die Fahrräder schon in einem Nebenraum der Hotel-Lobby abladen und an den Strom anschließen, bemüht sich der junge Mann von der Rezeption mit großem Einsatz, Zimmer für uns zu organisieren. Wir warten geduldig in den Loungesesseln der Lobby bis er uns endlichunsere Zimmerschlüssel aushändigt. Das Doppelzimmer von Johannes und mir ist eine wahre Wucht, ein riesiges Zimmer mit drei Fenstern, von denen eins auf das Theater Hagen schaut. Die eine Zimmerhälfte ist wie ein Wohnzimmer eingerichtet mit einer Sesselgruppe und einem schräg im Raum stehenden Schreibtisch. Sofort platziere ich Reisetagebuch und Füller auf der Schreibfläche. Ich liebe schöne Plätze zum Schreiben.

Nach einer Erholungspause brechen wir zu einer Erkundung der Innenstadt auf. Das Restaurant gleich neben dem Hotel spricht uns sehr an. Eventuell wollen wir dort heute Abend essen gehen, wenn wir in der City kein anderes Lokal finden. In wenigen Minuten erreichen wir den zentralen Platz von Hagen, der im Gegensatz zum Marktplatz von Hattingen nicht gerade mit besonderem Charme punkten kann. Wir spazieren noch ein wenig in der Innenstadt herum bis wir schließlich ein Restaurant für unser Abendessen suchen. Irgendwie gefällt uns in keinem Lokal die Speisekarte so richtig. Wir kehren tatsächlich zu dem Restaurant neben unserem Hotel, dem „Steakhaus Rusticana“, zurück. Dort erhalten wir einen sehr attraktiven runden Tisch. Das Ambiente ist urgemütlich und das Essen schmeckt vorzüglich. Wir bleiben dort lange sitzen bis Johannes das Bedürfnis hat, sich langzulegen. Röbi und ich nehmen uns ein Getränk mit und verbringen noch ein Stündchen in der Sesselgruppe des riesigen Doppelzimmers.