Das schöne Wetter ist vorbei. Der Himmel ist bewölkt und es ist spätwinterlich kalt. Beim Frühstück hören wir in der Mediathek von WDR 5 das Philosophische Radio mit Jürgen Wiebicke von letztem Freitag. Es geht um das Verhältnis von Körper und Geist. In der Sendung erfahren wir, dass der Mensch eigentlich ein Lauftier ist, das darauf angelegt ist, 9 bis 15 km jeden Tag zurückzulegen. Nicht nur für seine körperliche, sondern auch für die geistige Gesundheit brauche der Mensch unbedingt ein bestimmtes Maß an Bewegung. Daraufhin überlegen wir, ob wir heute eine kleine Wanderung machen sollen. Vielleicht später, wenn es etwas wärmer geworden ist. Später fängt es dann aber an zu hageln und wir richten uns auf einen gemütlichen Tag auf der Couch ein. Das bedeutet natürlich, dass es heute nichts zu erzählen geben wird. Deshalb werde ich vom gestrigen Nachmittag berichten, von unserem Besuch bei den Enkelkindern in Wesseling.
Letzte Woche, als meine Tochter Marlene den Hochdruckreiniger bei uns geholt hat, hatte sie Anton und Moritz mitgebracht. Sie alle drei blieben im Auto sitzen, während Johannes und ich den Hochdruckreiniger in den Kofferraum luden. Es war schön, die drei zu sehen und durchs Autofenster mit ihnen sprechen zu können. Weil es Anton und Moritz nach einer Weile langweilig wurde, habe ich ihnen ein Eis am Stiel gebracht. So konnten wir noch ein wenig Zeit zum Reden gewinnen. Heute, also eigentlich am gestrigen Samstag, hören wir von Marlene, dass Anton und Moritz gerne noch einmal dieses Erlebnis wiederholen würden, ein Eis am Stiel bei Oma und Opa im Auto zu essen. So sehr ich mir auch wünsche, die Kleinen einmal wieder live zu sehen, kommt mir das doch ziemlich unvernünftig und unverhältnismäßig vor. Immerhin müssten die Jungs für dieses Event eine ganze Stunde lang über die Autobahn hin und her kutschiert werden.
Also schlägt Marlene vor, dass wir zu ihnen kommen sollen. Heute ist es ja zum ersten Mal richtig frühlinghaft warm. Wir könnten uns also in den Garten setzen mit weit auseinander gestellten Stühlen. Die Jungs kann man instruieren, uns nicht zu nahe zu kommen. Marlene will sogar die Gartenstühle desinfizieren. Polster bringen wir von zu Hause mit, auch die Tassen aus denen wir unseren Kaffee trinken werden.
Als wir am Haus von Marlene und Karl ankommen, steht die Gartentür schon weit offen. Wir müssen weder die Klingel, noch irgendeine Türklinke berühren. Wir treten hinein in den riesigen Garten und werden von irgendwoher weit oben freudig begrüßt. Zuerst sehen wir gar nicht, wo das Kinderstimmchen herkommt, das da ruft. „Guck mal, Oma, haben wir nicht einen tollen Kletterbaum?“ Anton steht hoch oben in einer zum Klettern perfekt gewachsenen Wildkirsche und lehnt sich an nur einem Arm hängend weit aus den noch blätterlosen Ästen heraus. In diesem Moment kommt Moritz aus der Terrassentür geschossen, rennt auf den Baum zu und ruft: “Ich kann da auch schon reinklettern.“ Der erste Ast wächst erst in etwa einem Meter Höhe aus dem Stamm heraus. Es steht ein Hocker darunter, so dass Mo problemlos aufsteigen kann. Er wippt auf dem zarten Aufstiegsast wild herum und erklärt, dass der nicht abbrechen dürfe, weil sie sonst nicht mehr hochklettern könnten.

Johannes und ich legen unsere mitgebrachten Polster auf die bereitgestellten Stühle und nehmen Platz. Auf dem Gartentisch liegt eine Tischdecke, so dass wir uns an ihm nicht infizieren können. Marlene bereitet uns einen Kaffee in der Küche und serviert ihn uns in unseren eigenen Tassen. Sie nimmt in der langen Stuhlreihe aus drei großen und zwei Kinderstühlen auf der anderen Seite des Tisches Platz. In diesem Moment kommt ihr Mann Karl von einem Einkauf nach Hause. Er hatte im Baumarkt Material zum Ausbessern des Gartenzaunes besorgen wollen. Der Baumarkt ließ aber nur Kunden mit Einkaufswagen ein. Leider waren keine Einkaufswagen mehr da und die Schlange der darauf Wartenden betrug geschätzte 50 m, wobei natürlich zwischen je zwei Personen 2 m Meter Abstand gehalten wurde. Karl gab sein Vorhaben für heute auf und kehrte nach Hause zurück. Auf diese Weise kommen wir wenigstens auch zu dem Vergnügen seiner Anwesenheit.

Die Jungs sind mittlerweise aus dem Baum herausgekommen und führen uns stolz die verschiedensten Kunststücke vor, über die wir natürlich angemessen staunen. So gehen sie zum Beispiel mithilfe eines Seiles stehend die große Rutschbahn hoch. Sie holen ihre Mini-Lacross-Schläger aus dem Schuppen und erzählen, dass Anton schon bald einen Lacrosshelm bekommen wird. Der Papa habe sogar einen Lacross-Anzug. Dann zeigt Moritz, wie gut er schon mit dem Federballschläger den Ball treffen kann. Mama soll mit ihm spielen kommen. „Ich möchte mich jetzt lieber mit meiner Mama unterhalten.“ „Aber Oma, du willst doch bestimmt sehen, wie gut wir schon Beachball spielen können. Gestern habe ich mit der Mama 6 Punkte geschafft und der Anton mit der Mama 7 Punkte.“ Das Argument zieht natürlich und die beiden begeben sich zu ihrem Ping-Pong-Wettbewerb auf die Wiese. Anton, der ebenfalls um unsere Aufmerksamkeit wirbt, zeigt uns derweil, wie stark er ist, indem der die kleinere mobile Rutschbahn auf den Kopf stellt.

Gespräche unter uns Erwachsenen sind nicht so gut möglich bei diesem außergewöhnlichen Besuch. Wir lassen uns berichten, wie die Jungen die momentane Situation meistern. Marlene muss nur einmal in der Woche ins Büro fahren. An den anderen Tagen kann sie im Home-Office arbeiten. Karl muss jeden Tag zur Arbeit fahren, weil seine Tätigkeit nicht von zu Hause aus zu leisten ist. Allerdings kann er sich seine Arbeitszeiten so einteilen, dass Marlene und er sich wunderbar abwechseln können bei der Kinderbetreuung. Die ist allerdings ein wenig anstrengend zurzeit. Der Kindergarten hat ja schon seit zwei Wochen geschlossen und die beiden Jungs, die in unterschiedliche Gruppen gehen, hängen jetzt den ganzen Tag zusammen. Das führt zu häufigeren Streitigkeiten und Konkurrenzsituationen als normalerweise. Wir bleiben eine ganze Stunde mit der jungen Familie im sonnigen Garten sitzen. Dann verabschieden wir uns glücklich und fahren zurück nach Hause in unsere Isolation im Kölner Reihenhaus.
Danke für den wertvollen Post! Sehr cooler Blog.